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"Der Hauptmann von Köpenick" (1956) ist eine Komödie mit Heinz Rühmann unter der Regie von Helmut Käutner der auf dem gleichnamigen Theaterstück von Carl Zuckmayer aus dem Jahr 1931 basiert.
Das Stück schildert die wahre Geschichte des Schusters Wilhelm Voigt, einem deutschen Hochstapler, der sich 1906 als preußischer Offizier ausgab und als Hauptmann von Köpenick berühmt wurde.

Handlung

Friedrich Wilhelm Voigt, Sohn eines Schuhmachers, landet als Jugendlicher wegen eines kleinen Diebstahls im Postamt, wo er arbeitet, im Gefängnis, nachdem er 200 Mark gestohlen hat, um einer Kellnerin zu imponieren, in die er verliebt war. Er wird verhaftet und muss die Schule und die Lehre bei seinem Vater abbrechen. Nach 15 Jahren verlässt er die Schule und beschließt, ins Ausland zu gehen, wo er sein Leben mit dem Nötigsten fortsetzt und hauptsächlich als Schuhmacher arbeitet.

Er reist von Ort zu Ort und beschließt schließlich, in sein Heimatland zurückzukehren, "um dort zu sterben und nicht in einem fremden Land". Also sucht er eine Arbeit in seiner Heimatstadt. Da er jedoch seinen Militärdienst nicht abgeleistet hat und erschwerend hinzukommt, dass er ein verurteilter Straftäter ist, wird ihm jede Arbeit verweigert und er wird wie ein Bettler behandelt.
Traurig und arbeitslos schämt er sich, seine Schwester, die er seit seiner Kindheit nicht mehr gesehen hat, auch nur zu grüßen, und beschließt, ins Ausland zurückzukehren. Dafür braucht er jedoch seinen Reisepass. Da er nicht beim Militär gedient hat, bekommt er keinen Job, ohne Job bekommt er keine Aufenthaltsgenehmigung und ohne Aufenthaltsgenehmigung kann er keinen Pass bekommen.

So gerät er in eine bürokratische Spirale, in der seine Existenz als Mensch völlig verschwunden ist. Seine einzige Identität ist die eines nichtsnutzigen Ex-Sträflings, der bei den Menschen, die ihm begegnen, Verachtung und Missbilligung hervorruft. Wenn die Gesellschaft ihm dieses eine Etikett verpasst, bleibt ihm nichts anderes übrig, als einen Pass aus der Polizeistation des Landes zu stehlen.
Also versucht er den Raub mit einem Bekannten und wird ungeschickt erwischt und erneut inhaftiert. Hier verbüßt er seine x-te Strafe und hat sich damit abgefunden, dass das Gefängnis der einzige Ort ist, an dem er sich wie ein definierter Mensch fühlen kann. Mit 57 Jahren ist er endlich frei und lässt sich bei seiner Schwester und ihrem Mann nieder, wo er als Schuster in einem Mietshaus zu arbeiten beginnt.

Doch schon bald ordnet die Polizei seine Abschiebung an, da er als verurteilter Straftäter ein "Sicherheitsrisiko" darstellt. Verbittert verlässt er das Haus seiner Schwester und stößt auf der Straße auf einen Trödelladen, wo er eine Hauptmannsuniform kauft. Plötzlich gibt ihm dieses eine Kleidungsstück all die Menschlichkeit und den Respekt zurück, die ihm die Bürokratie und die Gesellschaft immer vorenthalten hatten.

Auf dem Weg dorthin vertieft er sich immer mehr in die Rolle und stellt ohne Plan seine neue Identität auf die Probe. Er trifft auf eine Patrouille von Soldaten und befiehlt ihnen, ihm zum Rathaus in Köpenick zu folgen. Er befiehlt dem Bürgermeister, einen Pass vorzubereiten, aber im Tresor befinden sich keine Blankopapiere. Daraufhin "verhaftet" er den Bürgermeister, schickt ihn mit den Soldaten in die Kaserne und behält das Geld im Tresor für sich.
Kurze Zeit später beschließt er, sich freiwillig den Behörden zu stellen. Die Täuschung findet so großen Anklang, dass der Kaiser, erfreut über die Effizienz und den Respekt seines Volkes vor den militärischen Rängen und amüsiert über die Heldentaten des falschen Hauptmanns, der nun zu einer Berühmtheit geworden ist, beschließt, ihn zu begnadigen.

Hintergrund

Köpenick ist traditioneller Stadtteil Berlins am Zusammenfluss von Dahme und Spree im Südosten der Stadt - in einer wald- und seenreicher Umgebung. Früher hieß der Ort "Copanic" und dann "Cöpenick", wobei die heutige Schreibweise "Köpenick" erst 1931 offiziell eingeführt wurde.
Vor der Eingemeindung nach Berlin im Jahr 1920 war Köpenick eine unabhängige Stadt. Danach wurde es ein Stadtbezirk von Berlin und ist mit einer Fläche von 128 km2 der größte Berlins. Im Zuge der Berliner Verwaltungsreform 2001 wurde der Bezirk Köpenick mit dem Bezirk Treptow zum heutigen Bezirk Treptow-Köpenick zusammengelegt.
Köpenick ist die Heimat des Fußball-Bundesligisten 1. FC Union Berlin, der im Stadion An der Alten Försterei spielt. Der Mellowpark, der größte Outdoor-Skatepark Europas, befindet sich in der Stadt.

Drehort

Der Film wurde in Eastmancolor in den Real-Filmstudios in Hamburg produziert. Da nicht an den Originalschauplätzen in Ost-Berlin gedreht werden konnte, entstanden die wenigen Außenaufnahmen in Hamburg. So diente das Finanzamt am Schlump im Stadtteil Eimsbüttel als Köpenicker Rathaus. Die Front des Altonaer Rathauses wurde zum Bahnhof, wo Rühmann sich als Hauptmann maskiert.

Trivia

Die Geschichte beruht auf einer wahren Begebenheit, die sich am 16. Oktober 1906 zugetragen hat und den 57jährigen Schuster Wilhelm Voigt weitere 4 Jahre Gefängnis kostete. Nach kurzer Gefängnishaft wurde er aber vom Kaiser begnadigt, reiste durch die deutschen Städte und signierte Postkarten mit seinem Bild in Uniform.
Drei Stummfilme entstehen unmittelbar nach dem Streich, in einem vierten mit dem Titel "Der Hauptmann begnadigt" (1908), spielte Voigt selbst die Titelrolle. Der Film wird allerdings von der Zensur verboten.

Der Film wurde ein enormer Publikumserfolg mit 10 Millionen Zuschauern in den ersten 5 Monaten. Er wurde in 53 Länder exportiert und mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, darunter 1957 mit dem Deutschen Filmpreis.

Der Film war von zentraler Bedeutung für das Comeback Rühmanns nach dem Krieg. Bis dahin hatte er in der Nachkriegszeit hauptsächlich Theater gespielt.

Der Hauptmann von Köpenick war der erste deutsche Nachkriegserfolg in den USA und wurde für den 1957 erstmals vergebenen Oscar in der Kategorie „Bester fremdsprachiger Film“ nominiert. Er verlor aber gegen "La Strada – Das Lied der Straße" von Federico Fellini.

Regisseur Helmut Käutner hat einen Cameo-Auftritt als Straßensänger.

Es handelt sich um die zweite Verfilmung von Zuckmayers Theaterstück, bei der ersten, im Jahr 1931, führte Richard Oswald Regie und die Titelrolle wurde von Max Adalbert gespielt.

Carl Zuckmayer schrieb das Theaterstück 1930 als "ein deutsches Märchen in drei Akten". Es wurde im März 1931 im Deutschen Theater unter der Regie von Heinz Hilpert uraufgeführt. Die Aufführungen liefen dann in ganz Deutschland bis zum Ende Januar 1933.

Der Autor schrieb über sein Stück: "Das war mein Eulenspiegel, der arme Teufel, der - durch die Not helle geworden - einer Zeit und einem Volk die Wahrheit exemplifiziert. Denn wenn auch die Geschichte mehr als zwanzig Jahre zurücklag, so war sie gerade in diesem Augenblick, im Jahre 1930, in dem die Nationalsozialisten als zweitstärkste Partei in den Reichstag einzogen und die Nation in einen neuen Uniformtaumel versetzten, wieder ein Spiegelbild, ein Eulenspiegelbild des Unfuges und der Gefahren, die in Deutschland heranwuchsen - aber auch der Hoffnung, sie wie der umgetriebene Schuster durch Mutterwitz und menschliche Einsicht zu überwinden."

Kritik

Wie er unsicher durch die falsche Weltordnung taumelt, wie er kapituliert und erst still und dann aus der Verzweiflung heraus übermütig wird - das ist die Sternstunde in der Laufbahn dieses Schauspielers. Rühmann macht keine Faxen. Er ist im besten Sinne tragikomisch. Er ist immer da, gibt nicht nur Gesicht und Stimme her, er spielt ganz, bis in die Füße. [Der Abend, 1. Sep. 1956]

Man schaue sich Rühmann genau an, Auge in Auge sozusagen, und man wird keinen Augenblick lang an den Bruchpiloten Quax denken, man denkt an Grock, an Chaplin, an Charlie Rivel. [Die Welt 18. Aug. 1956]

Es ist die Glanzrolle für den schon totgesagten Komödianten Heinz Rühmann, seine beste Interpretation seit Jahren [Neue Ruhr Zeitung, 17. August 1956]

Rühmann, unter Käutners glänzender Regie, gab dem preußischen Eulenspiegel im Wilhelm Voigt sein volles Recht und seine tiefere Bedeutung: Lachen und Weinen waren ja immer ganz nah beisammen. Wenn er, nach gelungener "Köpenickiade" auf der Treppe des Rathauses die Soldaten entläßt: "Für jeden Mann ein Bier und eine Bockwurst" - eine der komischsten Stellen der Handlung - geht eine so fundamentale Traurigkeit von ihm aus, daß man sich der Vergeblichkeit aller Flucht des Menschen vor seinem Schicksal schaudernd bewußt wird. [Carl Zuckmayer]

Film

Stab

Besetzung

Eine Liste der Darsteller / Schauspieler / Rollen aus dem Film "Der Hauptmann von Köpenick"

Literatur

 


 

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