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Lilian Harvey (1906 - 1968) war eine in Großbritannien geborene Schauspielerin und Sängerin, die lange in Deutschland lebte, wo sie vor allem durch ihre Rollen in den Musikfilmen Die Drei von der Tankstelle (1930) und "Der Kongreß tanzt" (1931) bekannt wurde (als Partnerin von Willy Fritsch).

Die Britin war bis zu ihrer Emigration 1939 eine der populärsten Filmstars der Ufa, nicht nur als begabte Schauspielerin, sondern sie machte auch als Sängerin und Tänzerin in Filmoperetten und Komödien Karriere.

Leben

Harvey wurde als Helene Lilian Muriel Pape am 19. Januar 1906 in London als Tochter der Engländerin Ethel Pape (geb. Laughton) und dem deutschen Kaufmann Walter Bruno Pape aus Magdeburg geboren. Ihr Bruder ist der Kameramann Walter Harvey (1903 - 1979).
Jüngere Untersuchungen legen eine außereheliche Affäre nahe - die natürlich unter der Decke gehalten werden sollte. Bezeichnend ist auch, dass das „Kuckuckskind“, trotzt mehrerer heterosexueller Beziehungen, keine eigenen Kinder hatte.

Frühe Jahre

Während der Schulzeit in London nahm sie heimlich Ballettunterricht. Zu Beginn des Ersten Weltkrieges hielt sich die Familie Pape in Magdeburg auf und konnte oder wollte deshalb nicht nach England zurückkehren. Lilian wurde in Solothurn (Schweiz) bei ihrer Tante untergebracht.
Im Jahr 1923 machte sie ihr Abitur in Berlin, wo sich die Familie inzwischen niedergelassen hatte. Sie besuchte anschließend die Ballettschule der Deutschen Staatsoper und erhielt erste bezahlte Auftritte als Tänzerin in Ungarn und Österreich. Damals nahm die recht zierliche Lilian Pape (Größe: 1,55 m) den Mädchennamen ihrer Großmutter Harvey als Künstlernamen an.

Partner, Ausland, Filme

Sie agierte in mehreren Stummfilmen und erhielt die weibliche Hauptrolle in dem Film "Leidenschaft – Die Liebschaften der Hella von Gilsa" (1925) als Partnerin von Otto Gebühr.
An der Seite von Willy Fritsch, mit dem sie liiert war, stand sie erstmals in der Operettenverfilmung von "Die keusche Susanne" (1926) vor der Filmkamera.

Bei den Dreharbeiten zu "Ein blonder Traum" (1932) lernte sie den Regisseur Paul Martin (1898 - 1956) kennen, der bis 1938 ihr Lebensgefährte war. Paul Martin heiratete 1939 die Schauspielerin Frauke Lauterbach (1913 - 2004).

Im Frühjahr 1932 unterzeichnete Lilian Harvey einen Vertrag bei der amerikanischen Produktionsfirma "20th Century Fox" und auch für Paul Martin erwirkt sie eine Anstellung. In Hollywood spielte sie in 4 wenig erfolgreichen Filmen.

Nach einem kurzen Zwischenstopp in England kehrt sie 1935 nach Deutschland zurück. Sie konnte an frühere Triumphe anknüpfen und spielt nun nicht mehr nur in Komödien, sondern stellt auch Charakterrollen dar. Gleichzeitig setzt sie sich offen für verfolgte Juden ein (z.B. für den Choreografen Jens Keith (1898 - 1958)) und stand dadurch auf der "Abschussliste" des NS-Regimes.

Im Jahr 1939 emigriert Harvey an die Côte d’Azur in Südfrankreich (wobei sie den Großteil ihres Vermögens zurücklassen muss) und 1941 über Barcelona und Lissabon in die USA. 1943 wurde ihr die deutsche Staatsbürgerschaft, die sie neben der englischen besaß, aberkannt und ihr Vermögen in Deutschland wurde beschlagnahmt.

In den USA engagiert sie sich zunächst in karikativen Bereichen und tritt dann ab 1944 in verschiedenen Städten am Theater auf. Sie erhält schließlich die Hauptrolle in dem erfolgreichen Stück "Blithe Spirit", mit dem sie durch die USA tourt, und gefeiert wird. Für das "Office of War Information" wirkt sie an Radiosendungen auf deutsch und italienisch mit.

Späte Jahre

Nach dem Krieg zog Harvey nach Paris. In den folgenden Jahren reiste sie als Sängerin durch Skandinavien und Ägypten. Im Jahr 1949 kehrte sie nach Westdeutschland zurück und gab mehrere Konzerte. Harvey zog sich in den Badeort Antibes an der Côte d'Azur zurück, wo sie einen Souvenirladen betrieb und essbare Schnecken züchtete.

1953 heiratete sie den dänischen Theateragenten Hartvig Valeur-Larsen, doch diese Ehe hielt nur bis 1955 und wurde 1957 geschieden.
Anfang 1956 lernte sie während einer Gastspieltournee in der DDR Else Wirth (1907 - 2007) kennen, die ihre neue Lebensgefährtin und Mitarbeiterin wurde. Harvey erhielt von der BRD eine Entschädigung in Form einer Rente für ihr von den Nationalsozialisten entzogenes Vermögen.

Eine Krebserkrankung zeichnet sie körperlich, was ihr abfällige Bemerkungen einbringt, als sie in den 1950er Jahren (aus eigenen Mitteln) wieder mit Henry Garat auf die Bühne geht (um ihn zu unterstützen, da er von der öffentlichen Fürsorge lebte).

Lilian Harvey, die in ihrem Leben oft depressiv war und psychisch sehr labil wirkte, starb am 27. Juli 1968 im Alter von 62 Jahren in ihrem eigenen Hotel in Juan-les-Pins an einer verschleppten Gelbsucht (Todesursache: Leberzirrhose). Sie wurde auf dem Cimetière de Rabiac im benachbarten Antibes beigesetzt. Ihr Nachlass befindet sich im Archiv der "Akademie der Künste" in Berlin.

Karriere

Nach ihrer Ausbildung an der Ballettschule der Staatsoper Berlin ging es mit der Karriere rasch aufwärts. Bereits 1924 erhielt sie eine erste kleine Rolle in dem Stummfilm-Drama "Der Fluch", in dem sie die junge Jüdin Ruth spielte.
Ihre erste wichtige Rolle bekam sie in dem Film "Leidenschaft – Die Liebschaften der Hella von Gilsa" (1925).

Harvey war mehrsprachig, sehr attraktiv und hatte auch ein Gesangsstudiums absolviert. Als zu Beginn der 1930er Jahre der Tonfilm aufkam waren dies ideale Voraussetzungen.

Ihr erster Film zusammen mit Willy Fritsch (1901 - 1973) war "Die keusche Susanne" (1926). Das Duo verkörperte bis "Frau am Steuer" (1939) in einer Fülle von weiteren Romanzen ein Liebespaar.
Mit der romantischen Liebesgeschichte "Liebeswalzer" (1930) avancierten Harvey und Fritsch endgültig zum beliebtesten "Traumpaar" des deutschen Films - und nicht nur auf der Leinwand: auch privat kamen sie sich näher. Die beiden arbeiteten in insgesamt 11 Filmen zusammen, und die Presse bezeichnete Harvey als "das süßeste Mädchen der Welt".
Fritsch-Harvey-Filme (u.a. "Die Drei von der Tankstelle", "Der Kongreß tanzt", "Ein blonder Traum", "Glückskinder") zählten in den kommenden 13 Jahren zu den größten Kassenerfolgen der deutschen Kinogeschichte.

Mit dem Beginn des Zweiten Weltkriegs geriet Lilian Harveys Karriere ins Stocken. Ihr Aufenthalt Mitte der 1930iger Jahr in Hollywood war relativ erfolglos. Sie emigrierte 1939 über Frankreich in die USA und kehrte 1946 nach Paris zurück. Sie unternahm Gesangstourneen und spielte Theater konnte aber, trotzt großer Bekanntheit, nicht annähernd ihre vorherige Popularität erreichen.

Filme

Musik

Viele der Lieder wurden zusammen mit Willy Fritsch gesungen und von dem Odeon-Künstler-Orchester, dem Parlophon-Tanzorchester sowie dem Ufa-Jazz-Orchester musikalisch untermalt.

Irgendwo auf der Welt

Ich hab' so Sehnsucht,
Ich träum' so oft;
Einst wird das Glück mir nah sein.
Ich hab' so Sehnsucht,
Ich hab' gehofft,
Einst wird die Stunde da sein.
Tage und Nächte
Wart' ich darauf:
Ich geb' die Hoffnung niemals auf.

Irgendwo auf der Welt
Gibt's ein kleines bißchen Glück,
Und ich träum' davon in jedem Augenblick.
Irgendwo auf der Welt
Gibt's ein bißchen Seligkeit,
Und ich träum' davon schon lange lange Zeit.

Wenn ich wüßt', wo das ist, ging' ich in die Welt hinein,
Denn ich möcht' einmal recht,
So von Herzen glücklich sein.
Irgendwo auf der Welt
Fängt mein Weg zum Himmel an;
Irgendwo, irgendwie, Irgendwann.

Irgendwo auf der Welt
Fängt mein Weg zum Himmel an;
Irgendwo, irgendwie, Irgendwann.

Das gibt's nur einmal

Wein ich?
Lach ich?
Wein ich?
Lach ich?
Heut weiß ich nicht, was ich tu

Wo ich gehe
Wo ich stehe
Lachen die Menschen mir zu
Heut werden alle Märchen wahr
Heut wird mir eines klar

Das gibt′s nur einmal
Das kommt nicht wieder
Das ist zu schön
Um wahr zu sein
So wie ein Wunder
Fällt auf uns nieder
Vom Paradies ein gold'ner Schein

Das gibt′s nur einmal
Das kommt nicht wieder
Das ist vielleicht nur Träumerei
Das kann das Leben
Nur einmal geben
Vielleicht ist's morgen schon vorbei
Das kann das Leben
Nur einmal geben
Denn jeder Frühling hat nur einen Mai

Jedes Pärchen glaubt das Märchen
Liebe hat ewig Bestand
Doch du weißt es
Einmal heißt es
Reich mir zum Abschied die Hand
Dann ist der Himmel nicht mehr blau
Dann weißt du's ganz genau

Trivia

In Quentin Tarantinos Film "Inglourious Basterds" (2009) ist Lillian Harveys Duett mit Willy Fritsch "Ich wollt' ich wär ein Huhn" aus dem Film "Glückskinder" (1936), auf einem Plattenspieler in der Kellerszene "La Louisiane" zu hören. Das von den Comedian Harmonists vorgetragene Lied ist bis heute populär.

Das Lied "Das gibt's nur einmal" aus dem Film "Der Kongreß tanzt" (1931) erscheint in dem Manga "Wie der Wind sich hebt" (2013) von Hayao Miyazaki.

Auszeichnungen

Literatur

 


 

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